Der achte Eintrag oder A mass at SAS
Juliane Kratzer
12/11/2022
Als ich an diesem Sonntag aufwache, bin ich ein bisschen nervös. Heute soll hier im Haus die heilige Messe stattfinden. Die Vorbereitungen dafür laufen schon seit über einer Woche auf Hochtouren.
Alles beginnt als die Kinder eines Abends nach dem Essen, anstatt ins Bett geschickt zu werden, im Speisesaal die Antworten für die katholische Messe proben. „I confess to you, almighty God, and to you, my brothers and sisters, that I have greatly sinned in my thoughts and in my words, in what I have done and what I have failed to do“ und andere Schnipsel aus einem Gottesdienst tönen durch das Children Center. In der kommenden Woche versammeln wir uns immer wieder, um diese Antworten, aber auch Lieder und Tänze zu proben. Doch nicht nur unsere Performance soll am Sonntag glänzen: Wände und Fenster werden geputzt und alle Vorhänge im gesamten Haus (und das sind ziemlich viele!) abgenommen, mit der Hand gewaschen und anschließen wieder in ihre Vorrichtungen eingehängt.
Aber warum diese großen Anstrengungen? Nun ja, der Messe, die von Father Kimani (Priester und Mitbegründer von SAS) abgehalten wird, wohnen nicht nur die Kinder und Mitarbeiter*innen von Save a Soul bei, sondern auch Freunde von Father Kimani werden erwartet. Bei diesen handelt es sich um einen Minister der vorherigen Regierung Kenias und einen Mann, der derzeit Mitglied im Parlament ist. Außerdem kommt auch die Direktorin der „All Souls School“ und Dr. Wanjiku, eine langjährige Freundin der Organisation. Dementsprechend besonders ist dieser Sonntag. Und auch die Kinder bekommen das zu spüren. Bei einer der letzten Proben verkündet Mom Emily, zum Frühstück am Sonntag werde es neben Brot, Tee und Eiern auch für jeden ein Würstel geben. Wenn ich schreiben würde, der Jubel daraufhin war groß, ist das eine glatte Untertreibung. Das Klatschen, Pfeifen und Schreien erinnern mich eher an ein Konzert eines sehr beliebten Popstars.
Und wirklich, als ich am Sonntag in den Speisesaal gehe, riecht es bereits nach Hotelfrühstück. Die Kinder genießen ihr Würstel, dann ziehen alle hübsche (und von den Aunties abgesegnete) Kleidung an und warten auf die Gäste. Das Speisezimmer ist in eine improvisierte Kirche verwandelt worden. Ein Tisch mit weißer Tischdecke, Kerzen und einem Kreuz mimt einen Altar. Ein Bürostuhl steht für den Priester bereit, direkt hinter dem Altar hängt ein Wandsticker, auf dem die Avengers zu sehen sind. Reihen von Bänken und Sesseln warten darauf, von den Besucher*innen in Anspruch genommen zu werden.
Die Gäste sollen laut Plan um 10:30 Uhr erscheinen, sodass um 11:00 Uhr mit der Messe und um 12:00 Uhr mit den Reden begonnen werden kann. Ich hätte es eigentlich mittlerweile schon ahnen können. Um 11:45 trudeln die Gäste ein, um 12:00 Uhr ist alles bereit für den Gottesdienst.
Dann geht plötzlich alles ganz schnell. Ehe ich noch eine kurze Frage zum Ablauf der Messe stellen kann, stehe ich schon in der Gruppe der Tänzerinnen und versuche so gut ich kann, tanzend den Priester zum Altar zu geleiten. Der Save A Soul – Kinderchor gibt alles (obwohl ungefähr ein Drittel der Kinder kränklich bis krank ist), die Lesungen werden von den älteren Mädchen vorgetragen und alle klatschen begeistert bei den Liedern mit. Als der Gottesdienst vorüber ist, (um 13:00 Uhr) beginnen die Reden. Emily erzählt den Besucher*innen eine kurze Geschichte der Organisation. Jane Wanja berichtet als eines der ersten Kinder, die SAS aufgenommen hat, über ihre Erfahrungen. Und auch die 8‑jährige Freshia Njoki stellt sich vor die versammelte Menge und spricht über ihre Schule „All Souls School“. Zu guter Letzt bedanken sich die Gäste und besichtigen noch das Schulgebäude. Für uns gibt es zur Feier des Tages Reis mit Fleisch und eine Wassermelone zum Mittagessen.
Die Kinder genießen die Sonne und die freie Zeit, bis sie wieder ins Haus gerufen werden, um sich für den nächsten Tag vorzubereiten. Es ist eine intensive Woche gewesen, da zu allen schulischen Verpflichtungen auch noch die Proben für die Messe hinzugekommen sind, doch alle haben dafür an einem Strang gezogen und die Performance beim Gottesdienst auch sichtlich genossen. (Vor allem das Schlusslied: Ein Remix aus drei verschiedenen Liedern mit eigens dafür einstudierter Choreografie).
Ich werde weiter über alles Wichtige berichten.
Bis bald und danke fürs Lesen,
Juliane


