Der drit­te Ein­trag oder Ein ziem­lich lee­res Child­ren Center

Der drit­te Ein­trag oder Ein ziem­lich lee­res Child­ren Center

Julia­ne Kratzer 

30/09/2022

Wir schrei­ben den 18.9.2022, einen Sonn­tag. Eigent­lich gehen die Kin­der an Sonn­ta­gen in die Mes­se. Heu­te aller­dings nicht. Anstatt die Schul­uni­for­men anzu­zie­hen und im „All Souls School“-Bus in die Kir­che zu fah­ren, packen alle ihre Ruck­sä­cke oder Taschen. Als das gesche­hen ist, wuseln eini­ge im Gar­ten her­um, ande­re sit­zen im Spei­se­saal. Jetzt heißt es war­ten auf die Guar­di­ans, die die Kin­der abho­len und für eine Woche in ihr Zuhau­se mit­neh­men. Die­se Maß­nah­me ist von der Regie­rung Keni­as vor­ge­se­hen, damit nie­mand aus­schließ­lich in Insti­tu­tio­nen auf­wächst. SAS Mana­ge­rin Emi­ly sagt mir auch, es sei gut, dass die Kin­der den Kon­takt zu ihrer Hei­mat bewah­ren. Dadurch wür­den sie den Anschluss dort nicht ver­lie­ren und an ihr „altes Leben“ erin­nert werden.

Nach und nach kom­men Erwach­se­ne und begrü­ßen die Kin­der. Ein Mäd­chen wird von housef­a­ther David zu ihrer Fami­lie in ein etwa eine hal­be Stun­de ent­fern­tes Dorf gebracht. Die meis­ten Kin­der freu­en sich, ihre Ver­wand­ten zu sehen. Man­che ste­hen der Situa­ti­on eher neu­tral gegen­über. Doch nie­mand scheint trau­rig über die Feri­en bei der Fami­lie zu sein. Außer viel­leicht die Betreuer*innen, die mir ver­si­chern, dass sie die Kin­der ver­mis­sen wer­den. Ich höre Sät­ze wie „The kids keep us busy“ oder „It´s very quiet without them”.

Als die Son­ne unter­geht ist es schließ­lich soweit: Alle Kin­der sind abge­holt oder nach Hau­se gebracht wor­den, im Child­ren Cen­ter ist es sehr still. Zum ers­ten Mal wird mir bewusst, dass die Uhr im Spei­se­saal laut tickt.

Die kom­men­de Woche ist ein Kom­men und Gehen von eini­gen weni­gen Collage-Student*innen, die SAS einen Besuch abstat­ten. Den „har­ten Kern“ bil­den die Stu­den­tin­nen Jane (sie hat gera­de Feri­en) und Mary (sie macht ein Prak­ti­kum in der Nähe) und ich. Wir schau­en fern, waschen Wäsche, kochen und spie­len Uno.

Zwei Tage bevor die Kin­der wie­der­kom­men, packen wir die neu­en Schul­sa­chen für die Highschool-Schüler*innen, die ein Inter­nat besu­chen. Stif­te, Sei­fe, Dusch­gel und Klo­pa­pier wan­dern in Sackerl, auf die spä­ter die Namen der Jugend­li­chen geschrie­ben wer­den. „On Mon­day we will go back to nor­mal. Noi­se ever­y­whe­re“, sagt Leh­re­rin Euni­ce und grinst.

Und tat­säch­lich tru­deln am Mon­tag nach und nach die Kin­der wie­der ein. Es wird geschäf­tig im Child­ren Cen­ter. Wäsche wird gefal­tet, Käs­ten neu sor­tiert, Schul­uni­for­men gebü­gelt und Schul­ta­schen gepackt. Schließ­lich geht am Diens­tag die Schu­le wie­der los.

Als das gesche­hen ist, ver­sam­meln sich alle im Spei­se­saal, schau­en fern und trat­schen. Die meis­ten Kin­der wir­ken fröh­lich und genau so, wie sie vor einer Woche die Rei­se nach Hau­se ange­tre­ten haben. Man­che jedoch schei­nen auch ein biss­chen trau­rig und in sich gekehrt. Nichts­des­to­trotz ist eine geball­te Ladung Leben und Ener­gie in das Haus zurück­ge­kehrt. Das Ticken der Uhr kann ich nicht mehr hören. Nach dem Abend­essen wer­den die Kin­der ins Bett geschickt, damit sie für den Unter­richt am nächs­ten Tag aus­ge­schla­fen sind. Über 20 Kin­der wün­schen eine gute Nacht und machen sich auf den Weg in die Schlaf­sä­le. Auch ich gehe in mein Zim­mer und lau­sche noch ein biss­chen den Geräu­schen, die die Kin­der beim Zäh­ne­put­zen machen. Ich bin schon gespannt, wie der mor­gi­ge Tag aus­se­hen wird.

Natür­lich wer­de ich dar­über berichten.

Bis bald,

Julia­ne

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